Manchmal werden Blechteile so verwendet, wie sie nach dem Schneiden und Umformen und eventuell dem Beschichten aussehen. Oft werden sie aber noch zusammengefügt oder montiert – in diesem Fall spricht man von einer Baugruppe. Und beim Fügen oder Montieren kommt die Stunde der Wahrheit: Passen die Blechteile auch wirklich zusammen? Oder sind die Fugen doch zu groß? Oder gibt es am Ende dort Überlappungen, wo keine sein sollen?
Tatsache ist: In der alltäglichen Produktion kann man die ideale Form, wie sie in der Bauteilzeichnung vorgegeben ist, nicht erreichen. Dafür gibt es dann Toleranzen, die in Normen festgelegt sind. Sie definieren für jedes Fertigungsverfahren und jedes Ausgangsmaterial, welche Abweichungen noch in Ordnung sind und welche nicht. Da dies unternehmensübergreifend geschieht, erspart dies gerade innerhalb von Lieferketten langwierige Diskussionen über die Maßabweichungen. Alle Beteiligten wissen, worauf sie sich einstellen müssen.
Allerdings garantieren maßhaltige Blechteile noch keine maßhaltige Baugruppe. Denn Abweichungen innerhalb der Toleranz können sich so weit aufsummieren, dass sie im Zusammenbau diese Toleranz überschreiten. Hinzu kommen noch Abweichungen, die in den Fügeprozessen, auch beim Einspannen, entstehen. Umso wichtiger ist es also, von Anfang an so präzise wie möglich zu arbeiten. Zwar ist es auch möglich, die Blechteile vor dem Montieren oder Fügen nachzuarbeiten. Doch das ist ein zeitaufwendiger und teurer Prozessschritt, den man sich besser spart.
Um die Präzision zu erhalten und die Toleranzen gar nicht erst auszureizen, sollte man wissen, woher die Abweichungen kommen. Ein wichtiger Grund sind die Eigenspannungen im Blech. Sie entstehen aus drei Gründen: Phasenumwandlung, thermische Belastung oder mechanische Belastung. Im ersten Fall können Eigenspannungen entstehen, weil ein Teil des Werkstoffs schon eine Phasenumwandlung durchlaufen hat. Verändert sich dabei sein Volumen, entstehen Spannungen zwischen der neu entstandenen Phase und dem noch nicht umgewandelten Werkstoff.
In der Blechbearbeitung treten der zweite und der dritte Fall häufiger während der Bearbeitungsprozesse auf. Bei thermischen Schneidverfahren wie dem autogenen Brennschneiden, dem Plasmaschneiden oder dem Laserschneiden wird das Blech an der Schnittfuge stark erhitzt. Auch Werkstoff in der Nähe des Schnitts dehnt sich dadurch aus und zieht sich wieder zusammen. Diese thermischen Belastungen können zu Eigenspannungen im Blechteil führen. Und auch mechanische Bearbeitungsverfahren wie das Stanzen oder Biegen können das Material ungleichmäßig belasten. Dabei wird ein Teil des Werkstoffs elastisch verformt, ein anderer plastisch. Ist das Blech dann nicht mehr belastet, versucht der elastisch verformte Teil des Materials, in seine Ausgangsform zurückzukehren. Der plastisch verformte Teil behindert jedoch diesen Vorgang – es entstehen wieder Eigenspannungen.
Diese Eigenspannung lassen sich nicht sehen und nur schwer messen. Deshalb ist es wichtig, sie möglichst zuverlässig zu beseitigen. Bei Blechen und Blechteilen hilft hier das Richten. Das gilt sowohl für das Ausgangsmaterial als auch für bereits bearbeitete Blechteile. „Früher mussten wir keine Teile richten. Jetzt verhält sich das Rohmaterial von einem Coil zum anderen oder bei Blechen mit denselben Spezifikationen nicht mehr gleich. Beim Erwärmen kehren die Blechteile in ihren ursprünglichen Zustand unter Spannungen zurück“, erläutert beispielsweise David Muns. Er ist beim Stahlspezialisten Mafesa Leiter des Werks in Seva, 60 km von Barcelona entfernt. Auch Steve Larkins, Business Development Manager beim Blechbearbeiter Wrightform im britischen Eye, stellte fest, dass die Qualität des Ausgangsmaterials abnahm: „Oft sahen die Bleche anfangs noch gut aus. Aber sobald wir anfingen, Blechteile zu schneiden, löste sich ihre Eigenspannung, was oft zu einem verformten Endprodukt führte.“ Beide Unternehmen konnten durch das Richten von Blechen und Blechteilen ihre Schwierigkeiten lösen und die Produktqualität steigern. Und gerade bei Schweißbaugruppen kann sich das Richten lohnen: „Wir können jetzt andere Schweißbaugruppen mit engeren Toleranzen herstellen“, berichtet Felix Heimann, Geschäftsführer der Heimann GmbH & Co. KG im sächsischen Olbernhau, nach dem Kauf einer Richtmaschine von ARKU.